Stechbahn 30 (Korbach)

Das Haus Stechbahn 30 im Mai 2018.
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Das Haus Nr. 30 auf der Stechbahn ist ein um 1740 von Catharina Elisabeth Unger errichtetes Fachwerkhaus in der Altstadt von Korbach. [1]

Geschichte

Über einen eventuellen Vorgängerbau und dessen Bewohner ist nichts bekannt. Die Geschichte des Grundstücks läßt sich nur bis etwa 1740 zurückverfolgen. [2] Der Vorgängerbau wird beim Stadtbrand von 1664 vernichtet worden sein. Es ist möglich, daß das Grundstück, wie auch andere Brandplätze, 80 Jahre lang unbebaut war.

1. Das Haus ist um 1740 von Catharina Elisabeth Unger (* um 1680 in Kirchhain; begr. 22.02.1757), geborene Platte, erbaut worden. Sie war die Witwe des Chirurgen und Regimentsfeldschern Moritz Georg Friedrich Unger (~ 14.12.1673; begr. 20.02.1714), Sohn des Barbiers und Chirurgen Peter Unger aus Soest und der Elisabeth Jäger.

2. 1745 ging das Eigentum auf Ihren Schwiegersohn, den Advocaten Ernst Adam Bussius aus Münden (* 1706; begr. 26.09.1745) über, welcher am 2. März 1734 ihre Tochter Maria Dorothe Unger (~ 19.05.1704; begr. 14.05.1760) geheiratet hatte.

3. Nach Bussius' Tod ging Maria Dorothea Unger am 2. August 1750 eine zweite Ehe mit Johann Henrich Knippschild (* 1711; † 30.11.1783) ein, der 1751 als neuer Eigentümer eingetragen wurde. Er war Leutnant, später Hauptmann im ersten Fürstlich Waldeckischen Regiment in Diensten der Vereinigten Niederlande. Über ihn heißt es im Kirchenbuch der Altstadt: "Ein Mann, der ohne Religion gelebet und der ohne Glaube und Vorbereitung auf die Ewigkeit gestorben ist." In zweiter Ehe war Knippschild miit Caroline Wilhelminie Loessel verheiratet (* 1726; † 27.08.1800). Ausweislich des Kirchenbuchs war sie "Jungfrau bei der gräfl. Herrschaft in Bergheim."

4. 1784 erwarb Dorothea Wilhemine Lambrecht, geborene Kleinschmit (* 02.03.1749 in Adorf, † 05.02.1822) das Haus. Sie war die Tochter des Superintendenten und Konsistorialrats Georg Wilhem Kleinschmit zu Korbach und der Lucretia Dorothea Elisabeth Severin (Stechbahn 5). Am 15. Januar 1771 hatte sie Johann Ludwig Severin geheiratet (* 19.09.1737 in Mengeringhausen; † 20.09.1772 in Flechtdorf), Pfarrer in Flechtdorf 1769-1772, Sohn des Regierungsrats Henrich Arnold Severin und der Albertina Johannette Scriba, beide aus Mengeringhausen. [3] Eine zweite Ehe ging sie am 30. Juli 1775 mit Friedrich Franz Christoph Lambrecht ein (* 05.07.1734 in Flechtdorf; † 27.07.1781 in Niederwildungen), Sohn des Rentmeisters zu Flechtdorf Hermann Christoph Lambrecht und der Anna Elisabeth Philippina Dülfer aus Mengeringhausen. [4] Lambrecht hatte Theologie in Jena studiert und wurde nach einer Zeit als Privatlehrer bei dem Hofmeister Ziegler in Arolsen 1762 zum Rektor des Lyzeums in Wildungen berufen. [5] Lambrecht war in erster Ehe verheiratet mit Johanne Catharine Luise (Loysa) Mogk (* 19.01.1744 in Niederwildungen; † 29.12.1774 ebenda), Tochter des Stadtsekretärs und Bürgermeisters Johann Bernhard Mogk und der Sophie Wilhelmine Kleinschmit. Luise (Loysa) Mogk starb mit nur dreißig Jahren bei der Geburt ihres siebten Kindes. [6]

5. Im Jahr 1808 kaufte Karl Friedrich Wilhelm Ludwig Waldeck (* 08.04.1776; † 09.05.1823) das Anwesen. Er war Advokat und Justizamtmann, Sohn des Stadtcommissars Friedrich Wilhelm Waldeck und der Charlotte Wilhelmine Rissen (Enser Straße 7). [7] Verheiratet seit dem 19.10.1800 mit Wilhelminie Johanette Lambrecht (* 05.04.1776 in Niederwildungen; † 15.10.1849), Tochter von Nr. 4. Karl Waldeck lebte in schlechten Vermögensverhältnissen (Nachlaßkonkurs). Karl Waldeck stammte aus einer alten Korbacher Juristenfamilie. 1820 veräußerte er das Haus und erwarb stattdessen das nur wenige Meter entfernt stehende Haus seiner Vorfahren, Enser Straße 3.

6. Der Regierungsadvokat und Gerichtsprocurator Carl Friedrich Bernhard Ludwig Merle (* 12.03.1783; † 05.09.1857) wurde im Jahr 1820 neuer Eigentümer. Er war der älteste Sohn des Hofmedicus Dr. med. Johann Carl Friedrich Merle und der Elisabeth Henriette Rissen. Seine Mutter war vermutlich eine Verwandte des Vorbesitzers. Am 3. Januar 1813 heiratete er Johannette Margarethe Weidemann (* 26.07.1793 in Cassel; † 25.07.1868), älteste Tochter des Stadtschreibers Ludwig Weidemann und der Friederike Christiane Schalk. Merle hinterließ keine Nachkommen.

7. Nach dem Tod von Merles Witwe erwarb im Jahr 1869 der Schlossermeister He(i)nrich August Limperg (* 04.07.1811; † 30.03.1892) das Haus, Sohn des Schlossermeisters Heinrich Wilhelm Limperg (Lengefelder Straße 9) und der Christiane Friederike Bohne (aus Stechbahn 30a). Am 4. November 1838 heiratete er Johanne Marie Eleonore Knoche (* 23.06.1807; † 19.01.1868), Tochter des Schneidermeisters Johann Jakob Knoche und der Maria Christiane Schmidt. August Limperg gehörte von 1838 bis 1870 auch das Haus Tempel 16b.

8. Im Wege der Erbfolge ging das Gebäude 1894 auf den Schlosser- und Eichmeister Christian Heinrich Limperg über (* 18.09.1845; † 09.06.1916), Sohn von Nr. 7. Er heiratete am 3. August 1873 Johanna Marie Louise Bertha Melches (* 27.06.1846; † 23.05.1900), Tochter des 1865 bei Neukirchen ermordeten Steuerexecutors Johann Friedrich Christian Melches und der Marie Henriette Fisseler. Limperg gehörte viele Jahre dem Gemeinderat an. Er hatte um 1870 das Haus Rathausgasse 7 erbaut, das er 1873 veräußerte.

9. Der Sohn von Nr. 8, der Maschinenbauer Reinhard Limperg (* 27.09.1877; † 25.02.1958), wurde 1916 neuer Eigentümer des Hauses. Er hatte am 19. Juni 1909 Anna Löwenstein geheiratet, Tochter des Friedrich Löwenstein (Klosterstraße 16).und der Marie Tempeler (Im Tempel 1). Reinhard Limperg schuf 1930 die Wetterfahne auf dem neuen Rathausturm und verewigte sich auf dem Metallsockel mit seiner Namensinschrift. Das Paar hatte zwei Kinder:

a) Maschinenbaumeister Reinhard Limperg (* 10.07.1911; † 1944 in Rußland) 21.07.1943 mit Bertha Luise Bergmann (* 13.01.1915 in Immighausen; † ?)
b) Anna Limperg (* ?; † nach 1987)

Das Gebäude ist noch immer in Familienbesitz. Das Fachwerk ist erst in den 1980er (?) Jahren freigelegt worden. Jedenfalls war die Fassade noch in den 1970er Jahren verputzt. [8]

Äußeres Erscheinungsbild

Das Haus und seine Umgebung sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vollständig umgestaltet worden. Die Haustür war einst zur Stechbahn gerichtet. Hinter dem Haus, zur Violinenstraße hin, schlossen sich mehrere Gebäude an (siehe Stechbahn 30a). Entlang dieser Häuser verlief ein unbenannter Weg, der die Violinenstraße mit der Stechbahn verband, ähnlich der heutigen Gasse Am Steinhaus (vgl. Lichtbild unten). Die frühere Gasse ist heute überwiegend Garten.

Bilder

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Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 5, Stechebahn - Violinenstraße - Heumarkt - Am Steinhaus, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1959, S. 46-47.
[2] Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS (wie Anm. 1). Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[3] Vgl. Herbert VOIGT/Christian MEUSER (Bearb.), Waldeckische Ortssippenbücher, Band 89, Mengeringhausen, Waldeckischer Geschichtsvereins e.V. (Hrsg.), Bad Arolsen 2014, S. 480, Nr. 6358.
[4] Vgl. VOIGT/MEUSER (wie Anm. 3), S. 101, Nr. 1287; Nach Karl SCHULTZE (Bearb.), Waldeckische Ortssippenbücher, Band 59, Flechtdorf, Waldeckischer Geschichtsverein e.V. (Hrsg.), Arolsen 1998, S. 141, Nr. 614, war sein Taufname Christoph Friedrich.
[5] Wilhelm MOGK, Vom Handwerker zum Akademiker - Wildunger Familie Mogk hat vom 17. bis 19. Jahrhundert öffentliche Ämter im Fürstentum Waldeck-Pyrmont bekleidet, in: Mein Waldeck, Beilage der Waldeckischen Landeszeitung für Heimatfreunde, Nr. 22/2015 (17. Oktober 2015).
[6] MOGK (wie Anm. 5).
[7] Hermann STEINMETZ (Bearb.), Die Stadtcommissare in Korbach, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1954, S. 42-44 (43).
[8] Vgl. Magistrat der Stadt Korbach (Hrsg.), Korbach - Eine Stadt in Bildern, Korbach 1974, 6. Bildseite.