Professor-Kümmell-Straße 11 (Korbach)

Das Haus Professor-Kümmell-Straße 11 im Juli 2014.
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Das Haus Nr. 11 in der Professor-Kümmell-Straße war ein zwischen 1664 und 1705 von Johann Daniel Huge zunächst als Scheune errichtetes, 1778 zu einem Wohnhaus umgebautes Fachwerkgebäude in der Altstadt von Korbach. [1] Am 25. Januar 2016 begann der Abriß. [2] Am 18. Februar 2016 wurden die Abrißarbeiten durch Planierung der Hausstätte abgeschlossen.

Geschichte

1. Über das beim Stadtbrand von 1664 vernichtete Vorgängergebäude und seine Eigentümer ist nichts bekannt. Das heutige Haus wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt von dem Kaufmann Johann Daniel Huge (* um 1633 ? [3] ; † 19.11.1705) errichtet. Da Huge 1705 starb, muß das Gebäude zwischen 1664 und 1705 errichtet worden sein. [4] Huge war verheiratet mit einer Angela Catharina, die am 2. März 1772 im Alter von 83 Jahren starb. Huge hatte seit 1665 die Bürgerrechte inne, war Ratsmitglied in den Jahren 1627, 1631 und 1633, Pfennigmeister 1679 und 1682 sowie Oberbürgermeister in den Jahren 1688, 1690, 1697 und 1702-1704.

2.-4. Bis zum Jahr 1778 gehörte das Haus den Eigentümern des benachtbarten Hauses Nr. 9 (siehe dort).

5. 1778 kaufte der Metzgermeister Johann Friedrich Nelle (~25.04.1749; † 25.03.1816) das Gebäude. Er war der Sohn des Metzgermeisters Franz Conrad Nelle und Maria Magdalena Jäger. Nelle war seit 1776 Bürger und Ratsmitlied in den Jahren 1793, 1794. Am 19. November 1777 heiratete er Susanne Maria Asmuth (* 1755; † 27.12.1830), Tochter des Metzgermeisters Johann Wilhelm Asmuth und der Maria Sophie Blume.

6. 1832 wird als neue Eigentümerin die Witwe Marie Christiane Nelle, geborene Tent, eingetragen (~ 05.05.1787; † 19.04.1842), Tochter des Metzgermeisters Johann Wilhelm Tent und der Eleonore Christiane Elisabeth Range. Sie hatte am 3. Juni 1808 den Sohn von Nr. 5, Georg Henrich Christian Nelle (~ 10.03.1788; † 20.06.1815), Bürger seit 1810, geheiratet, der jung verstarb.

7. Nr. 6 übertrug das Eigentum 1835 an ihren Sohn, den Metzgermeister Henrich Friedrich Wilhelm Nelle (* 05.04.1811; † 02.03.1871 im Hospital). Er heiratete am 21. Juni 1835 Wilhelmine Marie Louise Beile (* 17.09.1810; † ?), Tochter des Kaufmanns Christian Beile und der Eleonore Bohne, Witwe des Georg Cupitz.

8. 1869 kaufte der aus Höringhausen zugezogene Kaufmann Joseph Löwenstern das Haus. Er war der Sohn des Jacob Löwenstern aus Höringhausen und verheiratet mit Amalie (Malchen) Weinheim. Das Paar hatte zwei Kinder Jacob (Nr. 9) und Johanne (* 11.06.1859 in Höringhausen; † ?), die am 04.09.1883 Liebmann Katz ehelichte. [5]

9. Im Jahr 1894 wird der Sohn von Nr. 8, Jacob Löwenstern (* Oktober 1853 in Höringhausen; † 10.05.1930) als neuer Eigentümer verzeichnet. Er heiratete am 31. August 1886 in Gladenbach Antonie (Tony) Grünstein (* 26.03.1861 in Gladenbach; † 04.06.1903), Tochter des Lehrers Abraham Grünstein und der Regine Stern aus Gladenbach. Jacob Löwenstern eröffnete 1888 in dem Haus ein Textilgeschäft und kandidierte bei der Gemeinderatswahl 1919 für die "Bürgerliste der Stadt Corbach". Er hatte mit seiner Frau sechs Kinder. [6]

10. 1936 kaufte der Buchbindermeister Harry Reinhardt (~ 16.11.1888 in Harburg; † 15.06.1951) das Haus und etablierte in ihm ein Schreibwarengeschäft. Er war der Sohn des Fabrikmeisters Gustav Reinhardt in Harburg und der Adolfine Robertine Emilie Herbener. Am 19. Mai 1920 heiratete er in Wuppertal Margarete Pohlhaus aus Remscheid (* 04.05.1884; † ?). Sie war die Tochter des Kaufmanns Abraham Pohlhaus und der Melinka Hasenclever.

11. Im Jahr 1952 ging das Eigentum auf Margarethe Reinhardt, geb. Pohlhaus, Witwe von Nr. 10, über. Das Geschäft wurde von den Erben als Schreibwarengeschäft und später als Kunsthandlung weiterbetrieben. 1955 ließ die Familie das Erdgeschoß zu einen neuen Laden umbauen; bis 2011 blieb das Gebäude in Besitz der Familie Reinhardt. [7]

12. Im Jahr 2011 kaufte die Stadt Korbach das Haus. Für den Umbau des Rathauses wurde der Abtrag des Gebäudes beschlossen, um das Nachbarhaus Nr. 9 nach dessen Sanierung an das Rathaus anzubinden. [8] Der Abriß des Gebäudes begann am 25. Januar 2016. Bis zum 3. Februar 2016 waren bereits der hintere Anbau sowie der Dachstuhl entfernt und das Haus komplett entkernt worden. [9] Am 9. Februar 2016 war der Abriß weitgehend abgeschlossen. [10] Am 18. Februar 2016 wurden die Arbeiten beendet und die Hausstätte planiert.

Erscheinungsbild

Das mit seiner Giebelseite zur Straße stehende Haus war etwa acht Meter breit und ca. 12 Meter lang. Auf der Rückseite befand sich ein zuletzt (Stand: 2014/16) nicht mehr sichtbarer Balken mit der Inschrift "Renov... 1737". [11] Der Metzgermeister Friedrich Nelle (Nr. 5) ließ das Haus 1778 zu einem Wohnhaus umbauen. Seitdem ist es wiederholt modernisiert worden. 1955 erfolgte der Einbau des heutigen Ladengeschäfts im Erdgeschoß. Als ursprüngliches Fachwerkgebäude war das Haus äußerlich kaum noch auszumachen. Lediglich der rückwärtige Giebel sowie das Obergeschoß der dem Haus Nr. 9 zugewandte Seite waren noch in Fachwerkbauweise ausgeführt. Das Haus verfügte einst über zwei vorkragende Giebelgeschosse. Die Anzahl und Anordnung der Fenster im Obergeschoß wurde nicht verändert. Bis zum Umbau 1955 befand sich nur in der von der Straße aus gesehen rechten (westlichen) Haushälfte ein Ladengeschäft, in der linken Hälfte waren zwei kleine Fenster eingelassen. Ursprünglich war das ganze Erdgeschoß mit Fenstern versehen und als Wohnraum ausgestaltet. Durch die Modernisierungen hatte das Haus seinen Charakter als historisches Gebäude weitgehend verloren. Das Erdgeschoß wies keine Fachwerkbauweise mehr auf; die Obergeschosse wurden von modernem Mauerwerk und Stahlträgern gehalten. Auch die Westwand des ersten Obergeschosses bestand zuletzt aus Hohlziegelmauerwerk. Ein Keller befand sich nicht unter dem Haus. Bis auf wenige historische Relikte war das Haus aufgrund der mehrfachen Umbauten ein Werk des 20. Jahrhunderts. Dementsprechend wurde aus denkmalschutzrechtlicher Sicht keine Einwände gegen die Entfernung erhoben, auch wenn durch diesen weiteren Abriß das Gesamtbild der historischen Altstadt weiter "aufgelockert" wurde.

Bilder

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Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 1, Professor-Kümmell-Straße und Klosterstraße, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1956, S. 25-26.
[2] Jörg KLEINE, Abriss für den Rathausumbau, in: Waldeckische Landeszeitung, Ausgabe vom 26. Januar 2016, S. 8.
[3] Bei THOMAS (wie Anm. 1), S. 25, ist das Geburtsjahr 1673 angegeben, was jedoch nicht mit den übrigen Daten und dem Heiratsjahr seiner Eltern (1626) korrespondiert. Vielleicht ist 1633 gemeint, was mit dem Geburtsjahr seiner Ehefrau (um 1639) zusammen passen würde.
[4] Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS (wie Anm. 1). Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[5] Karl WILKE (Bearb.), Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Korbach, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1993, S. 166.
[6] WILKE (wie Anm. 4), S. 166-167.
[7] Jörg KLEINE, Tabula rasa am Rathaus - Umbau Stadtverwaltung: Frühere Galerie Reinhardt verschwindet von der Bildfläche; Hintergrund: Korbach zu Kaisers Zeiten, in: Waldeckische Landeszeitung, Ausgabe vom 4. Februar 2016, S. 8.
[8] Waldeckische Landeszeitung, Ausgabe vom 8. Januar 2016, S. 6: "Altes Haus Reinhardt wird abgerissen"
[9] KLEINE (wie Anm. 7).
[10] Vgl. Jörg KLEINE, Architektenwettbewerb für den Rathausumbau, in: Waldeckische Landeszeitung, Ausgabe vom 10. Februar 2016, S. 6.
[11] THOMAS (wie Anm. 1), S. 25.