Die vier silbernen Evangelisten (Sage)

"Die vier silbernen Evangelisten" ist eine Sage aus dem Fürstentum Waldeck.

Inhalt

Die Sage wurde von Marie Schmalz aufgezeichnet und 1913 in dem Buch "Sagen aus der waldeckischen Heimat" veröffentlicht. Der Wortlaut der Sage nach Marie Schmalz lautet wie folgt: [1]

"Bei Sudeck stand einst ein großes Schloß. Sein letzter Bewohner war ein Raubritter, der selbst vor Kirchen und Klöstern keinen Halt machte. Seinen Hauskaplan nannte er Hausnarr, wenn ihm dieser seine vielen argen Streiche vorhielt.
Einst hatte er von einem Raubzuge die vier silbernen Evangelisten aus der Klosterkirche zu Bredelar mit heim gebracht. Als ihm deswegen mehrere Ritter auf Veranlassung der Klosterbrüder die Fehde ansagten, vergrub er den Raub an einer verborgenen Stelle in der Umgebung des Schlosses. Die Burg wurde darauf berannt, der Übermütige gefangen genommen und sein Schloß der Erde gleichgemacht. Als man im Kerker in ihn drang, dem Kloster das Eigentum zurückzugeben, dann solle ihm das Leben geschenkt sein, schwieg er hartnäckig. So mußte es geschehen, daß der letzte Ritter von Sudeck gehängt wurde.
Überall ist seitdem in der Umgegend des Schlosses gegraben worden, aber bis heute hat kein Mensch die vier silbernen Evangelisten gefunden."

Hintergrund

Über eine Burg oder ein Schloß bei Sudeck gibt es weder historische Überlieferungen noch archäolgische Spuren. Die nächstgelegenen - bekannten - Burganlagen liegen bei Deisfeld, ca. 3 km südwestlich von Sudeck sowie in Adorf, ca. 4 km östlich von Sudeck. Im 2 km nördlich gelegenen Rhenegge existiert jedoch eine Flur namens "Auf der Burg" (up der Burg). Auch von einem bei Sudeck ansässigen Rittergeschlecht ist nichts bekannt. Über einen Raub von vier silbernen Evangelisten haben sich - soweit ersichtlich - in dem mehrfach zerstörten Kloster Bredelar keine historischen Nachrichten erhalten.

Anmerkungen

[1] Marie SCHMALZ, Sagen aus der waldeckischen Heimat, gesammelt und erzählt von Marie Schmalz zu Corbach, durchgesehen und mit einem Geleitwort verstehen von Alexander Copper zu Corbach, Korbach 1913, S. 45-46.