Das Spukhaus zu Corbach (Sage)

Das Spukhaus in Korbach im September 2014.
Anklicken für größere Version.

"Das Spukhaus zu Corbach" ist eine Sage aus dem Fürstentum Waldeck.

Inhalt

Die Sage wurde von Marie Schmalz aufgezeichnet und 1913 in dem Buch Sagen aus der waldeckischen Heimat veröffentlicht. Der Wortlaut der Sage nach Marie Schmalz lautet wie folgt: [1]

"In einem alten Hause in Corbach, das heute noch steht, lebte einst eine steinreiche Frau. Sie war aber so geizig, daß sie ihrem Gesinde nicht einmal satt zu essen gab. Auch für die Armen hatte sie nichts übrig. Betrat ein Armer den Hof, dann hetzte sie den Hund auf ihn. Sogar den Gossenstein verstopfte sie, weil sie einmal gesehen hatte, wie eine ihrer Mägde heimlich in den Gossenstein übrig gebliebene Suppe schüttete und eine arme Witwe diese in einem Näpfchen auffing. Sie gönnte die Abfälle in der Küche lieber ihren Schweinen als den Armen. Ja, ihre Habsucht war so groß, daß sie ihren Neffen, der ihr einziger Verwandter und von Kind auf bei ihr war, verstieß, weil er sich mit einem armen Mädchen verlobt hatte.
Aber alle ihre Schätze mußte sie zurücklassen, als sie eines Tages an einer gräßlichen Krankheit starb. Am Abend wollte die Magd die Schweine füttern; da kam ein fremdes schwarzes Schwein und fraß mit. Erschreckt rief sie den Neffen der Toten, der deren einziger Erbe war, und dieser half ihr, das Schwein hinauszujagen. Als das Mädchen kurz danach in der Küche Teller wusch, stand das schwarze Schwein auf einmal hinter dem Herde. "Was tust Du da?", rief unwillig das Mädchen. "Ich will aufpassen, ob Du auch treu bist", antwortete das Schwein mit tiefer Stimme. Das Mädchen wollte den unheimlichen Gast wieder hinausjagen. Da bat das Schwein, ihm doch die Hand zu reichen, dann würde es erlöst. Die Magd gab ihn den Schürzenzipfel, aber sofort war die Stelle, die das Tier berührt hatte, verbrannt. Dann verschwand das Schwein.
Täglich erschien nun das Schwein und setzte alle Hausbewohner in Schrecken. Da ging der neue Herr zu den Franziskanern, die in Corbach ein Kloster hatten, und bat sie, den bösen Geist der Frau, der in dem Schwein sitze, zu bannen. Die Mönche kamen auch. Aber da der Mensch, der den Teufel bannen will, engelrein sein muß, gelang es keinem, den bösen Geist auszutreiben. Jedem zählte das Schwein seine Stünden auf. Zum Prior sagte es: "Du hast deiner Mutter drei Heller gestohlen." Der Prior antwortete: "Ich habe aber Pergament dafür gekauft und Gottes Namen darauf geschrieben." "Gestohlen bleibt gestohlen", kreischte das Schwein.
Da kam auf des Erben Bitte der Abt vom Kloster Corvey an der Weser. Dem gelang es, den Geist in einen Schrank zu bannen, den Schrank aber ließ er vermauern. Jetzt endlich war das Haus von dem bösen Spuk erlöst.
Der Neffe heiratete das arme Mädchen und tat viel Gutes mit dem Gelde der habgierigen Tante. "

Hintergrund

Das sogenannte Spukhaus ist das steinerne Speicherhaus Enser Straße 7 in der Altstadt von Korbach. Die Sage spielt zeitlich zwischen 1487 und 1566, da nur in diesem Zeitraum das erwähnte Franziskanerkloster (Klosterstraße 11) in Korbach bestand.

Auch im benachbarten Haus Katthagen 13 soll es gespukt haben. Hiervor berichtet die Sage Die weiße Frau.

Anmerkungen

[1] Marie SCHMALZ, Sagen aus der waldeckischen Heimat, gesammelt und erzählt von Marie Schmalz zu Corbach, durchgesehen und mit einem Geleitwort verstehen von Alexander Copper zu Corbach, Korbach 1913, S. 99-102. Die Sage ist wortgleich abgedruckt bei Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 6, Kirchplatz - Marktplatz - Enser Straße - Katthagen - Kleine Gasse, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1960, S. 52/53 und bei Wilhelm HELLWIG (Hrsg.), Sagen und Geschichten aus Korbach und Umgebung, 4. Auflage, Korbach 1999, S. 7-9.